Industriemeister Glas – Musterprüfung 3: Technik HQ
Handlungsspezifische Qualifikationen – Technisches Handeln in der Glasindustrie
Musterprüfung |
16 Aufgaben |
Bearbeitungszeit: 90 Minuten
Ausgangssituation
Die Fa. GlasUnion GmbH betreibt zwei Produktionslinien zur Herstellung von Flach- und Behälterglas auf Basis von Kalk-Natron-Silikatgemengen. Sie nutzen regenerative Wannenfeuerung, elektrische Zusatzheizung, Läuterhilfen und moderne Formtechnik. Sie sind als Industriemeister für die technische Prozesskontrolle, Materialeinsatz, Energieeffizienz und Fehleranalyse verantwortlich.
Aufgabe 1 – Umrechnung von Oxiden in Rohstoffmengen
Folgende Oxid-Zusammensetzung ist für ein Verpackungsglas mit hoher chemischer Beständigkeit vorgegeben:
Oxid | Massen-% |
---|---|
SiO₂ | 71,0 |
Na₂O | 13,5 |
CaO | 10,0 |
MgO | 4,0 |
Al₂O₃ | 1,5 |
Verfügbare Rohstoffe:
- Quarzsand (99,5 % SiO₂)
- Soda (58,5 % Na₂O)
- Dolomit (55,0 % CaO, 38,0 % MgO)
- Feldspat (18,5 % Al₂O₃, 68,0 % SiO₂)
Berechnen Sie den Rohstoffeinsatz pro 1000 kg Glas.
Lösung
- Zieloxide berechnen:
SiO₂: 710 kg
Na₂O: 135 kg
CaO: 100 kg
MgO: 40 kg
Al₂O₃: 15 kg
- Rückrechnung über die Gehalte:
Soda: 135 kg / 0,585 ≈ 231 kg
Dolomit: 100 kg / 0,55 ≈ 182 kg → MgO ≈ 69 kg → Überdeckung!
Feldspat: 15 kg / 0,185 ≈ 81 kg
SiO₂ aus Feldspat: 81 kg × 0,68 ≈ 55 kg
Rest SiO₂ aus Sand: (710 kg – 55 kg) / 0,995 ≈ 658 kg
Ergebnis (gerundet):
- Quarzsand: ca. 658 kg
- Soda: ca. 231 kg
- Dolomit: ca. 182 kg
- Feldspat: ca. 81 kg
Aufgabe 2 – Wirkung und Auswahl von Läutermitteln
Ein stabiler Läuterprozess ist entscheidend für die optische Qualität des Glases.
a) Nennen Sie zwei typische Läutermittel und deren chemische Summenformel.
b) Erklären Sie die physikalische Wirkung eines Läutermittels im Glasbad.
c) Warum ist eine zu hohe Dosierung von Na₂SO₄ kritisch?
Lösung
a)
- Na₂SO₄ – Natriumsulfat
- Sb₂O₃ – Antimontrioxid
b)
Gasbildung (z. B. SO₂, SO₃) erzeugt Auftriebsblasen → binden kleine Gase → mitgerissen nach oben
c)
- Übersättigung → Sekundärblasen
- Schlierenbildung
- erhöhte SOₓ-Emissionen
Aufgabe 3 – Theoretischer Energiebedarf & Scherbenanteil
Linie 1 verarbeitet 30 t Glas pro Tag, mit 25 % Scherbeneinsatz.
Theoretischer Energiebedarf: 2,0 MJ/kg.
Scherben sparen ca. 0,5 MJ/kg.
a) Berechnen Sie den Energiebedarf für 30 t.
b) Wie viel Energie spart der Scherbeneinsatz?
c) Weitere Vorteile von Scherbeneinsatz?
Lösung
a)
30.000 kg × 2,0 MJ/kg = 60.000 MJ
b)
7.500 kg Scherben × 0,5 MJ/kg = 3.750 MJ Einsparung
c)
- Schnellere Schmelzgeschwindigkeit
- Weniger CO₂-Ausstoß
- Reduzierter Rohstoffeinsatz
Aufgabe 4 – Redoxgleichgewicht & Farbeinstellung
Bei Braunglas beeinflusst der pO₂ das Fe²⁺/Fe³⁺-Verhältnis.
a) Warum ist der Sauerstoffpartialdruck entscheidend?
b) Welche Farbe überwiegt bei hohem bzw. niedrigem pO₂?
c) Nennen Sie zwei Stellschrauben zur Redoxsteuerung.
Lösung
a)
pO₂ beeinflusst die Oxidationsstufe von Eisen → Farbwirkung
b)
- Hoher pO₂ → mehr Fe³⁺ → gelb
- Niedriger pO₂ → mehr Fe²⁺ → grün-braun
c)
- Reduktionsmittel (z. B. Kohlenstoff, Glucose)
- Flammführung / Luft-Brennstoffverhältnis
Aufgabe 5 – Spannungsabbau & Kühlführung
Nach dem Formprozess erfolgt kontrollierte Abkühlung im Lehr.
a) Was ist die Transformationstemperatur?
b) Folgen zu schneller Abkühlung?
c) Wie sieht eine ideale Kühlkurve qualitativ aus?
Lösung
a)
ca. 520–550 °C → Glas geht vom viskosen in festen Zustand über
b)
→ Spannungen bleiben im Glaskörper → Bruch bei Belastung
c)
- Gleichmäßiger Abstieg
- Haltezonen in kritischem Bereich
- Langsames Durchlaufen unter 500 °C
Aufgabe 6 – Einfluss von Flussmitteln
Ein technisches Glas soll leichter formbar werden.
a) Was bewirkt Na₂O im Glasnetzwerk?
b) Unterschied zu CaO als Stabilisator?
c) Nachteil eines zu hohen Flussmittelanteils?
Lösung
a)
Na₂O reduziert Netzwerkbindung → senkt Viskosität
b)
- Na₂O: Netzwerklockernd
- CaO: stabilisierend (vernetzt SiO₂-Struktur)
c)
- Geringere chemische Beständigkeit
- Spannungsempfindlicher
Aufgabe 7 – Temperaturverlauf in der Wanne
Eine Schmelzwanne hat folgende Bereiche:
- Aufschmelzbereich
- Läuterbereich
- Vorherd
a) Ordnen Sie typische Temperaturbereiche zu.
b) Warum ist der Läuterbereich besonders heiß?
c) Folgen zu niedriger Temperatur im Vorherd?
Lösung
a)
Aufschmelz: 1350–1450 °C
Läuterung: 1500–1550 °C
Vorherd: 1150–1250 °C
b)
→ Viskosität senken → Blasen steigen besser auf → Läuterung wird effektiver
c)
→ Tropfen zähflüssig → Tropfenabriss gestört → Formfehler
Aufgabe 8 – Emissionen & Atmosphäre
In der Feuerführung sind Emissionen zu beachten.
a) Nennen Sie typische Emissionen.
b) Wie wirken sich Reduktionsmittel auf Emissionen aus?
c) Zwei Primärmaßnahmen zur Minderung?
Lösung
a)
- CO₂
- NOₓ
- SOₓ
- Feinstaub
b)
- Reduktionsmittel können NOₓ senken
- Aber auch CO und SOₓ erhöhen
c)
- Flammenoptimierung
- schwefelarme Rohstoffe
Aufgabe 9 – Fehlerbild Analyse
Im Glas treten Einschlüsse auf.
a) Drei typische Fehler mit Ursachen?
b) Was ist ein „Stein“?
c) Welche Maßnahmen helfen?
Lösung
a)
- Blasen: ungenügende Läuterung
- Schlieren: Temperaturungleichgewicht
- Steine: feuerfeste Ausmauerung korrodiert
b)
Feste, nicht vollständig geschmolzene Partikel im Glas
c)
- Qualitätsauswahl Feuerfestmaterialien
- Rohstoffvorbereitung
- Temperaturführung optimieren
Aufgabe 10 – EZH-Einsatz
Die Wanne wird elektrisch unterstützt.
a) Vorteile EZH gegenüber Flamme?
b) Risiken bei EZH?
c) Was muss bei der Steuerung beachtet werden?
Lösung
a)
- Lokale Temperatursteuerung
- Keine Flammenströmung
- Keine CO₂-Zufuhr durch Verbrennung
b)
- Elektrodenschmelze
- Metallausfällung im Glas
c)
- Strombegrenzung
- Temperaturüberwachung
- Lebensdauer der Elektroden
Aufgabe 11 – Chemische Beständigkeit
Ein technisches Behälterglas soll säurebeständig sein.
a) Welche Oxide erhöhen Beständigkeit?
b) Warum ist viel Na₂O ungünstig?
c) Prüfverfahren?
Lösung
a)
- SiO₂
- B₂O₃
- Al₂O₃
b)
Na₂O → leicht auslaugbar → schwächt Beständigkeit
c)
- DIN EN ISO 719
- Säureauslaugtest
- pH-/Leitfähigkeitsmessung
Aufgabe 12 – Glasstab: Thermische Ausdehnung
Ein Glasstab (Länge: 1,2 m) wird von 20 °C auf 550 °C erhitzt.
Der Ausdehnungskoeffizient beträgt: 9 × 10⁻⁶ 1/K
a) Berechnen Sie die Längenänderung ΔL.
b) Warum ist dieser Effekt bei Glas kritisch?
c) Wie kann dieser Effekt im Kühlprozess berücksichtigt werden?
Lösung
a)
ΔT = 550 - 20 = 530 K
ΔL = α × L × ΔT = 9e-6 × 1,2 × 530 = 5,724 mm
b)
→ Unterschiedliche Ausdehnung führt zu inneren Spannungen → Glas kann reißen oder platzen
c)
→ Gleichmäßige Temperaturführung im Lehrofen
→ Spannungsarm abkühlen (langsames Durchlaufen der Transformationstemperatur)
Aufgabe 13 – Wirkungsgrad eines Fördermotors
Ein Motor in der Gemengeanlage liefert 7,5 kW mechanisch.
Wirkungsgrad: 93 %
a) Wie hoch ist die aufgenommene elektrische Leistung?
b) Wie groß ist der Leistungsverlust?
c) Warum ist ein hoher Wirkungsgrad wirtschaftlich relevant?
Lösung
a)
P_el = P_nutz / η = 7.500 / 0,93 ≈ 8.065 W
b)
Verlustleistung = 8.065 – 7.500 = 565 W
c)
→ weniger Stromverbrauch
→ geringere Wärmeentwicklung
→ längere Lebensdauer der Motoren
Aufgabe 14 – Glasfehleranalyse: Milchigkeit
Im Fertigglas tritt milchige Trübung auf.
a) Nennen Sie zwei Ursachen für Milchigkeit.
b) Unterschied zwischen chemisch und physikalisch bedingten Schlieren.
c) Wie kann die Glasreinheit verbessert werden?
Lösung
a)
- Kristallisation durch zu langsames Abkühlen
- Entmischung bei falscher Temperaturführung
b)
- Chemisch: unterschiedliche Zusammensetzung → Phasentrennung
- Physikalisch: Viskositätsunterschiede durch Temperaturabweichungen
c)
- Bessere Läuterung
- Temperaturhomogenität
- optimierte Abkühlführung
Aufgabe 15 – Maschinenverfügbarkeit und OEE
Die Formmaschine liefert folgende Monatsdaten:
- Geplante Betriebszeit: 720 h
- Störungen: 60 h
- Leerlauf: 40 h
- Gutteile: 13.200
- Ausschuss: 800
- Taktzeit: 3 s
a) Berechnen Sie die Verfügbarkeit.
b) Ermitteln Sie die Qualitätsrate.
c) Schätzen Sie die OEE.
Lösung
a)
Verfügbarkeit = (720 - 60) / 720 = 660 / 720 ≈ 91,7 %
b)
Qualitätsrate = 13.200 / (13.200 + 800) = 94,3 %
c)
Leistungsrate:
Sollzeit = 14.000 × 3 = 42.000 s
Istzeit = 660 × 3600 = 2.376.000 s
Leistung = 42.000 / 2.376.000 ≈ 1,77 %
OEE ≈ 0,917 × 0,943 × 0,0177 ≈ ca. 1,5 %
→ Leistung ist sehr niedrig → evtl. Optimierungspotenzial in Zykluszeit oder Leerlauf
Aufgabe 16 – Kühlwasserbedarf für Transformator
Ein wassergekühlter Transformator erzeugt 200 kW Verlustwärme.
Das Kühlwasser erwärmt sich von 20 °C auf 32 °C.
Wärmekapazität Wasser: 4,18 kJ/kg·K
a) Berechnen Sie den Wasserbedarf pro Sekunde.
b) Berechnen Sie den Wasserbedarf pro Stunde in Litern.
Lösung
a)
Q = m × c × ΔT
m = 200.000 W / (4.180 × 12) ≈ 3,99 kg/s
b)
3,99 kg/s × 3.600 s = 14.364 kg/h ≈ 14.364 Liter/h