Lasten- und Pflichtenheft in der Glasindustrie

Ein Leitfaden für den Industriemeister Glas


:mag: Was ist ein Lasten- und Pflichtenheft?

Lastenheft und Pflichtenheft sind technische Dokumente zur Anforderungsdefinition und Umsetzung eines Projekts. Sie regeln die Zusammenarbeit zwischen dem Auftraggeber (z. B. Glaswerk) und dem Auftragnehmer (z. B. Maschinen- oder Softwarelieferant).


:pushpin: Das Lastenheft – „Was“ und „Wofür“

Das Lastenheft wird vom Auftraggeber erstellt und beschreibt:

  • Was soll umgesetzt werden?
  • Wofür wird die Lösung gebraucht?

:writing_hand: Inhalte eines Lastenhefts:

Bereich Inhaltliche Aspekte
Zielformulierung Projektzweck, Nutzen, Erfolgskriterien
Ist-Zustand Beschreibung der aktuellen Situation
Soll-Zustand Beschreibung der gewünschten Veränderungen
Anforderungen technische, organisatorische, ergonomische Ziele
Rahmenbedingungen gesetzlich, zeitlich, finanziell
Sicherheitsanforderungen z. B. Arbeitsschutz, Maschinenrichtlinie
Übergabetermin geplanter Fertigstellungstermin
Beteiligte / Schnittstellen wer liefert welche Infos, Verantwortlichkeiten

:pushpin: In der Glasindustrie umfasst das z. B. die Anforderungen an neue Schmelzwannen, Formgebungsanlagen, EDV-Systeme für Chargenplanung oder Sensorik zur Temperaturmessung.


:pushpin: Das Pflichtenheft – „Wie“ und „Womit“

Das Pflichtenheft wird vom Auftragnehmer auf Basis des Lastenheftes erstellt. Es beantwortet:

  • Wie sollen die Anforderungen technisch umgesetzt werden?
  • Mit welchen Mitteln, Methoden und Schnittstellen?

:writing_hand: Inhalte eines Pflichtenhefts:

Bereich Inhaltliche Aspekte
Technische Umsetzung Hardware, Software, Steuerungskonzepte
Sicherheitsbauteile z. B. Lichtschranken, Not-Aus, Überwachungssysteme
verwendete Technik SPS, Sensorik, Material, Visualisierungssysteme
Schnittstellen z. B. IT-Anbindung, Prozessleitsysteme
Bedienbarkeit Ergonomie, Schulung, Dokumentation
Test / Abnahmeverfahren wie wird die Funktion geprüft
Termine & Verantwortliche konkrete Ansprechpartner & Meilensteine

:white_check_mark: Das Pflichtenheft wird vom Auftraggeber freigegeben und unterzeichnet, bevor die Umsetzung beginnt.


:repeat: Zusammenspiel & juristische Bedeutung

Schema: Überführung vom Lasten- zum Pflichtenheft

Lastenheft Pflichtenheft
„Was“ und „Wofür“ „Wie“ und „Womit“
Anforderungen des Kunden technische Umsetzung durch Lieferant

:bulb: Beide Dokumente dienen als verbindliche Vertragsbestandteile.
Erst nach Unterschrift beider Seiten beginnt z. B. der Bau einer neuen Maschine oder die Einführung einer neuen Softwarelösung.


:clipboard: Beispiel: Anwendung in der Glasindustrie

Projekt: Neue Temperierstation für Formgebung

Lastenheft-Auszug:

  • Erhöhung der Temperaturkonstanz auf ±2 °C
  • Einbindung in bestehendes Visualisierungssystem
  • Zugriff auf Temperaturdaten über Netzwerk
  • Ergonomisch bedienbar bei Stehhöhe

Pflichtenheft (Auszug Lieferant):

  • Sensorik: 3x PT100 mit 4–20 mA-Ausgang
  • Steuerung: Siemens S7 mit OPC-UA-Schnittstelle
  • Touch-Panel: 10" Siemens Comfort
  • Integration in WinCC über bestehendes Netzwerk
  • Schaltschrank IP54, Bedienhöhe 1,10 m

:mortar_board: Prüfungswissen für Industriemeister Glas

Thema Typische Prüfungsfragen
Unterschied Lasten- vs. Pflichtenheft Wer erstellt was, was steht drin?
Inhalte beider Dokumente Nennen Sie typische Inhalte des Lastenhefts…
Vertragssicherheit Warum dienen diese Hefte als juristische Absicherung?
Praxisbezug Wie wirken Sie als Meister bei der Erstellung mit?